Die Elektromobilität wächst, wenn auch immer noch auf niedrigem Niveau. Zu Jahresbeginn 2019 verzeichnete das Kraftfahrtbundesamt einen Bestand von gut 80.000 Elektroautos und 67.000 Plug-in-Hybriden bei insgesamt 47 Mio. PKW. Aufgrund fortgesetzter Förderungen wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet.
Überfordert der Ausbau der Elektromobilität die deutschen Stromnetze? Das fragt die deutsche Presse in regelmäßigen Abständen provokant. Experten geben darauf gerne die salomonische Antwort „nein, aber …“. Lokal, auf Ebene der Verteilnetzbetreiber, kann es durchaus zu Engpässen kommen. Hier geht es dann mehr um Fragen der Gleichzeitigkeit, der Lastspitzen und der Steuerung von Ladevorgängen als um die reine gelieferte elektrische Arbeit in kWh.
Die ovag Netz GmbH als Verteilnetzbetreiber befasst sich im Rahmen ihrer Netzplanung tagtäglich mit Fragen wie: Wie kann ich eine geplante hohe Punktlast an das Netz anschließen und adäquat versorgen? Eine solch hohe Punktlast kann beispielsweise ein sogenannter Ladepark sein, also eine Ansammlung von Ladeinfrastruktur mit mittleren oder hohen Anschlussleistungen an einem Ort, z. B. an einer Autobahnraststätte, auf einem Parkplatz oder in einer Tiefgarage. Hier ist meist eine Einzelfallplanung nötig und es läuft oft auf einen Stationsneubau heraus. Dieser wird in das Mittelspannungsnetz integriert und kann dann – bei entsprechender Kostenübernahme – den Kundenwünschen entsprechend dimensioniert werden.
Bestand an Fahrzeugen mit Elektroantrieb zum Jahresbeginn 2019:
Der Bestand an Plug-in-Hybrid-PKW und Elektroautos zum Jahresbeginn 2019 lag in Hessen im Bundesschnitt, ebenso im Landkreis Gießen. Die Quote war im Vogelsbergkreis mit 0,1 % Elektroautos unterdurchschnittlich, im Wetteraukreis mit 0,196 % leicht überdurchschnittlich. In absoluten Zahlen:
Landkreise | Plug-in-Hybrid-PKW | Elektro-PKW |
---|---|---|
Wetteraukreis | 308 | 371 |
Gießen | 215 | 250 |
Vogelsbergkreis | 53 | 74 |
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, eigene Berechnungen.
Die Niederspannungsnetze werden mit neuen „Verbrauchern“ konfrontiert, die in der Netzplanung vor Jahren noch nicht abzusehen waren. Es ist wie so oft: Ein Elektroauto wird problemlos verkraftet. Schwierig wird es unter Umständen, wenn nahezu jeder Haushalt in einem Wohngebiet plötzlich ein Elektroauto hat und lädt, und im schlimmsten Fall auch noch alle gleichzeitig. Hier kann ein Stromnetz an seine Grenzen kommen. Um solche Überlastungen zu vermeiden, sehen die Technischen Anschlussrichtlinien (TAR) für Niederspannung mittlerweile eine Anzeigepflicht für alle E-Ladeeinrichtungen (bis 12 kW) beim Netzbetreiber vor. Ab einer Anschlussleistung von 12 kW muss eine Genehmigung des Netzbetreibers eingeholt werden, bevor eine Wandladebox oder Ladesäule ans Stromnetz darf. Zusammen sollen Anzeige- und Genehmigungspflicht der ovag Netz GmbH die nötigen Informationen geben, um das Stromnetz auch in Zukunft stabil betreiben zu können und Ausbaubedarfe möglichst frühzeitig zu erkennen.
Allgemein gesprochen ist der Netzausbaubedarf umso geringer, je „intelligenter“ geladen wird, und zwar im Sinne eines „smart charging“, also in Abhängigkeit von Faktoren wie gleichzeitige, andere Netzbelastungen und Einspeisungen. Dieses dynamische Lastmanagement kann sich auf Ebene des Einzelnutzers abspielen, der seine Ladestation, seine PV-Anlage und seinen Energiespeicher ausbalancieren lässt. Aber auch auf Ebene des Netzbetreibers, der die Energieflüsse in seinen Netzen durch entsprechende Lade- und Entladebefehle so regelt, dass diese optimal ausgenutzt werden und nicht verstärkt werden müssen. Für alle Netzbetreiber ist dies ein neues, anspruchsvolles Feld, dessen zukünftige Entwicklung im Nebel liegt.
Der berühmte Hochlauf der Elektromobilität, auf den alle Beobachter seit Jahren warten – erinnert sei nur an das Ziel von einer Million Elektroautos im Jahr 2020 – trifft auf gut gerüstete Stromnetzbetreiber. Nicht zuletzt haben diese mit der Entwicklung der Photovoltaik bereits im vergangenen Jahrzehnt ausgiebig Erfahrungen mit exponentiellen Zuwächsen machen können. Und so ermöglichen die Netzbetreiber nach der Energiewende im Stromsektor auch die Verkehrswende.
Ansprechpartner:
OVAG
Frau Dr. Karen Heppe
Tel.: 06031 6848-1233
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