Der OVAG-Vorstandsvorsitzende Joachim Arnold weist die Forderung mehrerer Vogelsberger Kommunen, die 2021 eingeführte Wasserampel auf „rot“ zu stellen und damit auf eine angebliche schlechtere Grundwasserneubildung zu reagieren, erneut zurück. „Aufgrund der derzeitigen und für die nächste Zeit prognostizierten Grundwasserstände in unseren Gewinnungsgebieten sehen wir uns fachlich und vertraglich nicht in der Lage, substanziell begründet die derzeit bis November angezeigten Phasen der OVAG-Wasserampel zu ändern. Zudem ist es mitnichten so, dass wir, wie in verschiedenen Medien berichtet wurde, diese Aussage ohne weitere Begründung getroffen haben“, erklärt Arnold.
Der OVAG-Vorstandsvorsitzende verweist in diesem Zusammenhang neben den auch der Presse ausgehändigten Vorträgen zum Thema auf die am 28. August an die Stadt Schotten versandte Stellungnahme zu deren fünf Anträgen zu diesem Thema.
Die Stadt Schotten hatte dort Folgendes gefordert:
Grundsätzlich, erklärt Arnold, entspreche das Wassermanagement der OVAG den Vorgaben der umweltschonenden Grundwassergewinnung. Ein Grundwassergleichenplan oder hydraulische Wirkungsbeziehungen, die für mittlere oder niedrige Grundwasserstände ermittelt wurden, seien zwischen 20 und 30 Jahren gültig – von veralteten Grundlagen, von denen im Gutachten des Schottener Umweltbüros gesprochen werde, könne also keine Rede sein. Die vom Umweltbüro Schotten behauptete „Entkopplung der Grundwasserneubildung von Niederschlägen“ widerspreche naturwissenschaftlichen Grundlagen.
Zudem betont Arnold, dass der Rückgang der Grundwasserentnahme im Gewinnungsgebiet Rainrod gerade nicht im Zusammenhang mit einem Nachlassen der Ergiebigkeit der Entnahmebrunnen stehe. „Denn das ist vielmehr der sichtbare Ausdruck unserer umweltschonenden Grundwassergewinnung, die wir umsetzen, um die wasserrechtlich festgelegten Mindestgrundwasserstände einzuhalten.“
Das anhaltend trockene und heiße Wetter zeige, dass der Klimawandel auch in unserer Region angekommen sei, so Arnold weiter. Experten seien sich darin einig, dass dieser neben der allgemeinen Erwärmung mit den damit einhergehenden Nachwirkungen auch verstärkt zu extremen Wetterlagen führen werde. „Es wird erwartet, dass sich die Neubildungsphasen auf kürzere Zeiträume im Winterhalbjahr konzentrieren. Das würde zwar zu stärkeren saisonalen Schwankungen führen, jedoch sind es vor allem die Niederschläge im Winter, die entscheidend für die Grundwasserneubildung sind. Weniger Frosttage würden beispielsweise dazu führen, dass es mehr Tage gibt, an denen Niederschläge in den Boden und in die Grundwasserleiter eindringen können.“
Einlassungen zu den Forderungen der Stadt Schotten
Zu den Forderungen der Stadt Schotten erklärt Arnold: „Die Grundwasserentnahme in Rainrod befindet sich im Einklang mit der wasserrechtlichen Genehmigung. Bei der Ableitung der Wasserrechte wurden auch die Erfahrungen der 70er Jahre, insbesondere die damalige Trockenperiode, mitberücksichtigt.“ Es sei unstrittig, dass der Klimawandel die Wasserversorgung vor große Herausforderungen stellen werde. „Deshalb haben wir die Initiative ergriffen und Kommunen – darunter auch Schotten – dazu ermutigt, kommunale Wasserkonzepte zu erarbeiten, die in das übergreifende Teilräumliche Wasserkonzept Oberhessen einfließen.“ Die von der Stadt Schotten geforderte Worst-Case-Betrachtung werde Bestandteil dieser Wasserkonzepte sein.
Die angeblich fehlenden Mechanismen, um die Zonenabgrenzung an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen, seien dem Monitoring nach vorhanden. Da das derzeitige Wassermanagement der OVAG an den Brunnen Rainrod zudem deutlich unter der erlaubten Entnahmemenge liege, sei von einer Vergrößerung des Absenkbereichs nicht auszugehen. Die tiefsten Grundwasserstände an der entsprechenden Messstelle seien seit Mitte der 80er Jahre auf einem einheitlichen Niveau. Zudem sei es nicht möglich, dass sich Absenkungsbereiche überlagern.
Die geforderte vorläufige Einstellung der Förderung im Gewinnungsgebiet Rainrod lehnt Arnold mit Verweis auf die wasserrechtliche Bewilligung und Erlaubnis entschieden ab. „Diese wurde nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsstudie und einer FFH-Prüfung erteilt.“ Es lägen keine Hinweise auf eine Übernutzung vor, ein Zusammenhang mit der Trinkwassergewinnung der Stadt Schotten sei aus dem vorliegenden Schreiben zudem nicht herleitbar. „Die Ergiebigkeit der Brunnen in Rainrod lässt nicht nach – die Brunnenwasserstände werden einzig durch unser umweltschonendes Wassermanagement beeinflusst.“
Auch der geforderte Verzicht auf die wasserrechtliche Erlaubnis lehnt Arnold entschieden ab. „An der rechtlichen Voraussetzung hat sich seit Antragstellung nichts geändert.“ Die Gewinnung sei an die Mindestgrundwasserstände gebunden, nicht an die Höhe der Wasserrechte oder die Grundwasserneubildung. Dasselbe gelte für die geforderte Reduzierung der Bewilligung der Fördermenge. „Diese steht deshalb selbstverständlich nicht zur Diskussion.“
Zum letzten Antrag, der Erhöhung der Grenzgrundwasserstände als frühzeitige Vorwarnung, erklärt der OVAG-Vorstandsvorsitzende, man arbeite seit jeher mit Vorwarn- und Eingriffswerten, die den Grenzgrundwasserständen vorgeschaltet seien. „Das ist elementarer Bestandteil unseres vorausschauenden Wassermanagements.“ Die Grundwassergrenzstände wurden anhand bodenkundlicher und landschaftsökologischer Kriterien festgelegt. Die Höhe der Grundwasserneubildung spiele hier im Vergleich zur Dynamik der Witterung nur eine untergeordnete Rolle. „Das hydrogeologische Monitoring im Bereich der Wassergewinnung in Rainrod wird durch ein umfangreiches landschaftsökologisches Monitoring begleitet. Aus diesen ergeben sich bislang keine Hinweise auf eine nötige Anpassung der Grenzwerte“, sagt Arnold. Das alles könne man auch ausführlich in den an die Presse übergebenen Dokumenten nachlesen.
„Wir sprechen hier von einem hochkomplexen System mit zahlreichen Eingangsfaktoren. Die Menschen der Region dürfen sich allerdings sicher sein, dass wir als regionaler Versorger diese Situation genau beobachten“, erklärt Joachim Arnold abschließend. Die OVAG ist beispielsweise Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Wasserversorgung Rhein-Main, die eine Studie zur Grundwasserneubildung in Auftrag gegeben hatte. Deren Ergebnis: Das Grundwasserdargebot wird sich in den kommenden 20 bis 30 Jahren nur moderat ändern (weitere Berichterstattung zu diesem Thema folgt in den nächsten Tagen).